Kanu-Kurzguide

das Boot

"Kanu" ist für das offene Paddelboot eigentlich der falsche Begriff. Korrekterweise heißt das Ding "Cannadier" (oder "Canadier" oder "Kanadier" - vielleicht weil die Bauart aus Kanada stammt?). Kanu ist mehr der Sammelbegriff für alle Paddelboote, also auch die Kajaks. Aber der Sprachgebrauch hat sich nun mal so weit etabliert, daß unter "Kanu" das offene Boot der nordamerikanischen Ureinwohner verstanden wird.

Im Normalfall ist ein Kanu symmetrisch. Man kann also nicht ohne weiteres sagen, was ist vorne und was hinten. Es gibt auch unsymmetrische Kanus, aber das sind fast ausschließlich sehr spezielle und teure high-tech-Geräte.
Die Kanus sind aber fast immer als 2- oder 3-Sitzer ausgebaut. Und der Abstand zwischen Sitz und Bootsspitze verrät, wo vorne (=Bug) und wo hinten (=Heck) ist: Dort, wo der Abstand zwischen Sitz und Bootsspitze größer ist, dort ist der Bug.

Wenn das Kanu im Wasser schwimmt, kommt wieder die Symmetrie zum Tragen: Wenn es sich dreht, dreht es sich um seinen Mittelpunkt. Und wegen der Symmetrie ist dieser Mittelpunkt wie bei einer Kompaß-Nadel exakt in der Mitte. Das muß man im Hinterkopf behalten, das wird bei den Paddelschlägen und beim Steuern wichtig.

Denn: Wenn man paddelt, kann man das nicht direkt in der Mitte machen, sondern seitlich neben dem Boot. Durch diesen seitlichen Versatz für den "Antrieb" kommt mit jedem Paddelschlag ein Drehimpuls in das Boot rein. Um diesen Drehimpuls so gering wie nur irgendwie möglich zu halten, muß der Paddelschlag so nahe wie möglich am Mittelpunkt durchgeführt werden.
Bei der normalen Geradeausfahrt braucht man dazu aber nicht in die Bootsmitte rutschen zum Paddeln. Denn bei Geradeausfahrt ist es nur interessant, wie weit seitlich außerhalb dem Mittelpunkt gepaddelt wird, und nicht wie weit in Längsrichtung vom Mittelpunkt entfernt. Für die Geradeausfahrt merkt man sich deswegen statt dem Mittelpunkt lieber die Mittellinie (die gedachte Linie zwischen den Bootsspitzen).
Um für die Geradeausfahrt den Drehimpuls klein zu halten, muß also so dicht wie möglich neben dem Boot gepaddelt werden.

Gerade anders herum ist es, will man eine enge Kurve fahren. Da will man ja gerade einen Drehimpuls, und der soll dann so weit wie möglich vom Bootsmittelpunkt entfernt ausgeführt werden. Dazu paddelt man dann nicht direkt an der Bootswand entlang vorwärts oder rückwärts, sondern mehr seitwärts. So als wolle man mit dem Paddel die Bootsspitze zur Seite schieben oder ziehen.
Das soll jetzt erst mal genügen, um das Boot an und für sich zu verstehen. Zu den jeweiligen Paddel- und Steuerschlägen kommt mehr im entsprechenden Kapitel.

Das Boot reagiert, wenn es in Fahrt ist, auf Steuerschläge vom Hintermann wesentlich besser als auf die vom Vordermann. Der vorne kann sich abkrampfen, wird aber weit weniger erreichen als der hinten mit spielerischer Leichtigkeit. Der Grund dafür ist der Bug, der wie ein Pflug durch das Wasser schneidet und dabei vom anströmenden Wasser sehr stark fixiert wird. Das Heck ist dagegen im Kielwasser und hat kaum seitliche Fixierung, läßt sich deswegen auch leichter zur Seite bewegen. Ist dabei wie mit einer Gartenschubkarre: Vorne, das Rad, kann ich nicht lenken. Gelenkt wird nur, indem man hinten seitlich ausschert.

Damit komme ich darauf, wie denn nun genau ein Boot gesteuert wird. Und dabei ist es egal, ob es ein Kanu oder ein Ozeanriese ist. Viele meinen, das Steuerruder lenkt das Schiff in die Kurve, aber das stimmt nicht so ganz. Genau genommen wird durch das Steuerruder das gesamte Schiff zur Fahrtrichtung schräggestellt. Und das Wasser, das dann mehr seitlich anströmt, drückt das Schiff dann in die Kurve. Das Schiff "driftet" also wie ein Rallyeauto um die Kurve.

Anders sieht es aus, wenn das Kanu nur sehr wenig oder gar keine Geschwindigkeit hat. Dann wird der Bug nicht von der Strömung fixiert, und der Vordermann kann genauso viel zur Kurskorrektur beitragen wie der Hintermann. Ohne Vorwärtsfahrt kann sich das Kanu bewegen wie ein Hubschrauber: Auf der Stelle drehen, seitlich versetzen, ... Nur mit dem Hoch und Runter ist nichts, und das ist auch besser so :o)
Und bei Rückwärtsfahrt ist es umgekehrt: Das Heck wird von der Strömung fixiert, der Hintermann kann kaum Steuern, dafür der Vordermann um so besser.

Das Kanu, das im Wasser liegt, ist eigentlich sehr träge. Egal ob man vorwärts paddeln oder eine Kurve fahren will, das Boot braucht erst eine gewisse Zeit um darauf zu reagieren. Und wenn man aufhört zu Paddeln, stoppt das Boot nicht sofort seine Fahrt oder seine Drehbewegung, sondern gleitet noch eine Weile aus. Beim geradeaus fahren macht das nichts, aber beim Lenken muß man immer ein paar Paddelschläge vorher aufhören, bevor man in die gewünschte Richtung fährt.
Wenn man immer lenkt, bis das Boot in die gewünschte Richtung fährt, dreht das Boot wegen seiner Trägheit zu weit, und man muß gegenlenken. Macht man das auch wieder zu lange, bleibt einem nichts anderes übrig als im Zickzack übers Wasser zu fahren.

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