Kanu-Kurzguide

Steuerschlag

Auch wenn der Grundschlag der wichtigste ist - den Steuerschlag braucht's auch. Man kann nämlich den Grundschlag noch so perfekt ausführen, das Boot bricht doch immer wieder zur Seite aus. Meistens zur anderen Seite hin, wie der Hintermann paddelt. Hängt damit zusammen, daß unter Fahrt der Bug vom anströmenden Wasser fixiert wird, was das "außermittige" Paddeln vom Vordermann weitgehend kompensiert. Aber das Heck nicht, weswegen sich das außermittige Paddeln vom Hintermann stärker auswirkt. Zudem kommen noch Einflüsse von Strömung, Wellen und Wind, die das Kanu vom richtigen Kurs abbringen.
Man braucht den Steuerschlag aber auch für (gewollte) leichtere Richtungsänderungen. Wenn der Fluß eine sanfte Kurve macht, oder wenn man aufm See genügend Platz hat.

Grundsätzlich gilt: Wegen der größeren Effizienz und Kontrolle beim Steuern wendet nur der Hintermann die Steuerschläge an. Die hier angesprochenen Steuerschläge sind sowieso nichts für den Vordermann - will der mitsteuern, macht das nur mit Zieh- und Bogenschlägen Sinn. Dazu hat es aber einen extra Abschnitt.
Jetzt aber nicht irre machen lassen: Hier ist der "Hintermann" derjenige, der in Bewegungsrichtung des Bootes hinten sitzt. Bei Rückwärtsfahrt ist deswegen (in Bewegungsrichtung gesehen) der Vordermann der Hintermann, auch wenn er vorne im Boot sitzt.

Absolute Anfänger erkennt man daran, daß sie alle paar Paddelschläge die Seite wechseln. In manchen Wild-West-Filmen paddeln sogar die Indianer so. Hängt dann aber nur an der Unwissenheit des Regisseurs, in Wirklichkeit haben die das besser gemacht (logisch). Dieser ständige Seitenwechsel ist uneffektiv und kraftraubend, und man kann nötigenfalls nicht so gut und schnell reagieren. Deswegen: Gewöhne Dir diesen stümperhaften "Steuerschlag" erst gar nicht an.

"Fortschrittlichere" Anfänger und Gelegenheitspaddler erkennt man an einem anderen Steuerschlag: Nach dem Grundschlag wird das Paddelblatt parallel zur Bootsmittellinie ausgerichtet und wie ein Steuerruder verwendet. Erkennungsmerkmal: Der Daumen der oberen Hand zeigt dabei nach oben.
Fans dieses Steuerschlags nennen ihn "Kanadischen Steuerschlag", Gegner bezeichnen ihn wenig(er) schmeichelhaft als "Deppenschlag". Wie auch immer: Es ist ein recht effektiver Paddelschlag, den viele Autodidakten unter den Paddlern selbst und ohne äußere Anleitung gefunden haben. Sein Haupt-Nachteil liegt auch eigentlich nur in der Tatsache, daß es keinen fließenden, ununterbrochenen Bewegungsablauf gibt, der Grund- und Steuerschlag enthält oder vom einen in den anderen übergeht. Deswegen ist dieser Steuerschlag recht Zeitaufwendig - der Vordermann muß bewußt langsamer paddeln, oder die beiden Paddler finden keinen Gleichtakt. Und mit dem Mehr an Zeitbedarf steht relativ gesehen weniger Energie für Vortrieb zur Verfügung. Zudem wird bei der Bewegungsänderung von Grund- zum Steuerschlag ganz leicht ein Bogenschlag angedeutet (was das ist und mehr dazu im extra Abschnitt), was eher ungünstig ist.
Ich bezeichne diesen Paddelschlag gerne als "Stützrädchen": Wie beim Fahrradfahren macht es den Anfang leichter, aber es ist doch nur eine Behelfslösung. Wirkliche Könner verwenden den "J-Schlag", und ich wünsche jedem Paddler den Ehrgeiz, den J-Schlag zu lernen. Auch jenen Paddlern, die schon jahrelang mit Erfolg per "Kanadischem Steuerschlag" ihre Richtung gehalten haben.

Der J-Schlag funktioniert so, daß das Paddel während dem Grundschlag nach außen "aufgedreht", und mit zunehmendem Aufdrehen immer mehr vom Boot weggedrückt wird. Erkennungsmerkmal: Der Daumen der oberen Hand zeigt dann zum Ende des J-Schlags nach unten. Das ist zwar anfänglich ungewohnt (wie das Knien im Boot), aber wenn man sich's mal angeeignet hat, macht es einem gar nichts mehr aus. Aus der Vogelperspektive gesehen, sieht der Weg, den das Paddelblatt im Wasser macht, wie ein j aus - wenn der Hintermann links paddelt. Paddelt er rechts, sieht es mehr wie ein L aus (nur nicht so eckig).
Der große Vorteil vom J-Schlag: Er ist Grund- und Steuerschlag in einem. Und deswegen braucht man für ihn nicht mehr Zeit als für einen einfachen, normalen Grundschlag, kann also wesentlich leichter im Gleichtakt paddeln. Und der J-Schlag sorgt von Anfang bis Ende für Vortrieb, die Steuerleistung ist nur eine zusätzliche Komponente. Man paddelt damit deutlich effektiver und kräfteschonender.
Beim J-Schlag steuert man letztendlich mit der Intensität, mit der er ausgeführt wird: Macht man ihn sehr stark, macht das Kanu eine Kurve zu der Seite hin, auf der der Hintermann paddelt. Macht man ihn gar nicht, kurvt das Boot von der Hintermann-Paddelseite weg. Mit etwas Übung funktioniert das dann absolut automatisch und unterbewußt, wie das Kuppeln und Gangschalten bei einem erfahrenen Autofahrer.

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